Corona-Krise in der Jugendhilfe! – Wo ist der Rettungsschirm für Kinder und Familien?


Beruflich habe ich als Supervisorin und Referentin in verschiedenen Bereichen der Jugendhilfe in Sachsen zu tun:

Ich leite im Auftrag des Landesjugendamtes Seminare für Mitarbeiterinnen des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) und ich schule Fachkräfte in der Jugendhilfe im Auftrag verschiedener Fortbildungsinstitute. Ich supervidiere Teams in Kinderheimen, in der sozialpädagogischen Familienhilfe und der aufsuchenden Familienhilfe und Teams von Familienhebammen und von Schulsozialarbeiterinnen.

In der Corona-Krise haben sich ohnehin vorhandene Mängel im Bereich der Jugendhilfe weiter verschärft. Fachkräfte berichten von dramatischen Schäden in den Familien und bei den Kindern. Weitere – bisher noch nicht sichtbare Schäden – sind zu befürchten.

Ich bekomme Vieles zu hören:

Es gibt zu wenig Fachpersonal beim ASD, um akute Krisen abzufedern.

In vielen Situationen gehen die Corona-Schutzmaßnahmen vor Kinderschutz, wenn beispielsweise vom Amt oder Freien Träger der Jugendhilfe angeordnet ist, die Familie nicht zu besuchen, das Kind aber scheinbar in Gefahr ist.

Kindern fehlt die Orientierung im Alltag durch wegbrechende Strukturen und regelmäßigen Besuch von Kita oder Schule. Sie flüchten in die virtuelle Welt, zeigen bereits jetzt schwere psychosomatische Auffälligkeiten.

Zunehmend erkranken Eltern psychisch oder rutschen in Alkohol und Drogen ab, können ihren Kindern keinen Halt mehr geben oder stellen eine Gefahr für sie dar. Auf hilfesuchende Anrufe beim Jugendamt wird häufig mit Überlastung und Hilflosigkeit seitens der Sozialpädagog*innen regiert.

Der steigenden Zahl der Meldungen wegen Kindeswohlgefährdungen kann nicht immer nachgegangen werden, weil Personal fehlt. Kinderheime und Pflegefamilien sind überfüllt.

Auch gut geschultes und persönlichkeitsstarkes Personal in der Jugendhilfe gerät an seine Grenzen oder fällt wegen Krankheit aus. Manche steigen aus, weil sie die Situation nicht mehr verantworten können. Ein Impfangebot haben sie derzeit noch nicht erhalten.

Ich appelliere an Verantwortliche: Es braucht mehr Personal in den ASDs! Hier müssen Fälle verantwortlich begleitet und Hilfemaßnahmen gesteuert werden. Mangel an Personal und Fachlichkeit an dieser Stelle zieht massive dauerhafte Schäden an Kindern und Familien und langfristige Kosten nach sich!

Krisenbedingt sollte befristet zusätzliches Personal eingestellt und Gelder dafür eingefordert werden!

Wenn geeignete Fachkräfte für den ASD derzeit schwer zu finden sind, muss ergänzendes Personal die Arbeit der Jugendhilfe unterstützen (Bundeswehr, Bufdis …).

Wer spannt den Rettungsschirme für Kinder auf?

Maria Giesing
(Dipl.Sozialpädagogin, Paar- und Familientherapeutin, Supervisorin DGSv)

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